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Erbrecht

 

Das dänische Erbrecht unterscheidet sich in vielen Bereichen vom deutschen oder österreichischen Erbrecht. Beispielsweise ist die EU-Erbrechtsverordnung, welche seit 2015 in fast allen EU-Mitgliedsstaaten gilt, in Dänemark nicht anwendbar.Die EU-Erbrechtsverordnung vereinheitlicht u.a. die Handhabung von Erbrechtsfällen, in denen eine Auslandsbezug besteht. Außerdem gibt es Rechtswahlmöglichkeiten in der Verordnung, welche es nicht im dänischen Erbrecht gibt. Dänemark folgt dem sogenannten „Domizilprinzip“, welches sich gewohnheitsrechtlich entwickelt hat. Demnach gilt das Erbrecht desjenigen Staates, in welchem der Erblasser bzw. die Erblasserin zum Zeitpunkt des Erbfalls gewohnt hat und seinen/ihren Lebensmittelpunkt hatte. Dies gilt unabhängig von der Staatsangehörigkeit einer Person, die in Dänemark lebt.

Gesetzliche Erbfolge​

Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn keine Verfügung von Todes wegen vorliegt. Im dänischen Erbrecht bestimmt sie sich wie in Deutschland nach Ordnung und Abstammung.

Im dänischen Erbrecht gibt es allerdings nur drei Ordnungen:

 

1. Ehegatte

2. Abkömmlinge des Erblassers

3. Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge

4. Großeltern des Erblassers sowie Onkel und Tante ersten Grades

 

Angehörige der höheren Ordnung verdrängen die der niedrigeren. Innerhalb der Ordnungen erfolgt die Erbfolge nach Köpfen. In allen Ordnungen gilt das Repräsentationsprinzip, dies bedeutet, dass Kinder verstorbener Abkömmlinge an deren Stelle treten. Das Erbrecht der dritten Ordnung erstreckt sich allerdings nicht auf die Cousins und Cousinen des Erblassers.

 Unterschiede gibt es jedoch im Erbrecht der Ehegatten.  Hinterlässt der Verstorbene keine Kinder, wird der überlebende Ehegatte Alleinerbe. Hatte der Erblasser jedoch Kinder, erhält der Ehegatte hingegen die Hälfte des Nachlasses. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass der Ehegatte bestimmte Gegenstände, die nur dem persönlichen Gebrauch dienen, im Voraus aus dem Nachlass aussondert, soweit deren Wert nicht in einem Missverhältnis zu den Vermögensverhältnissen der Ehegatten steht oder Interessen minderjähriger Kinder beeinträchtigt werden. Im dänischen Familienrecht gilt grundsätzlich die Gütergemeinschaft, d.h. die Vermögen beider Ehegatten „verschmilzen“ durch die Ehe zu einem gemeinschaftlichen Vermögen. Dies ist ein Unterschied zum deutschen Familienrecht, in dem, sofern nichts anderes vereinbart wurde, eine Zugewinngemeinschaft vorliegt.
 

 Wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Gütergemeinschaft gelebt haben, erhält der überlebende Ehegatte vorab seinen Anteil am Gesamtgut. Darüber hinaus können dem überlebenden Ehegatten pauschale Geldbeträge zustehen. Demnach hat der Ehegatte nach dänischem Recht eine stärkere Stellung.  Ehegatten werden den Kindern im Erbfall also vorgezogen.Zudem sind auch die Verwandten des zuerst verstorbenen Ehegatten nach dem Tode des Überlebenden als gesetzliche Erben eingesetzt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn aus der Ehe keine Kinder hervorgegangen sind, der Überlebende keine neue Ehe geschlossen und kein Testament errichtet hat.

Zieht ein Ehepaar von Deutschland nach Dänemark um,  ist zu beachten, dass sich nach 5 Jahren Aufenthalt als Ehepaar der Güterstand der Ehe nach dänischem Recht zur Gütergemeinschaft ändert. Wollen die Ehegatten dies vermeiden (bzw. weiter im Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet sein), so müssen sie vor Ablauf der 5 Jahre einen dänischen Ehevertrag (“ægtepagt“) errichten und registrieren. Der Ehevertrag muss im sogenannten „Personbog“ eingetragen werden.

 
Die Erbeinsetzung

Das Ableben einer Person ist dem Kirchenbüro zu melden, damit der Verstorbene begraben oder eingeäschert werden kann.

 

Hierbei ist auch anzugeben, wer der Ansprechpartner bzw. die Kontaktperson des Nachlassgerichts sein soll. Zuständig ist das Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz hatte.

 

 Innerhalb von einem Monat nach dem Erbfall wird die Kontaktperson schriftlich kontaktiert und ein Termin zur Regelung des Nachlasses des Verstorbenen anberaumt.

Beim Nachlassgericht wir dann ein gegebenenfalls vorliegendes Testament eröffnet, und die Erben werden über den Tod des Erblassers und ihren Status als Erben informiert.

Den Erben wird zudem eine Nachlassbescheinigung ausgestellt. Mit dieser Nachlassbescheinigung erhalten die Erben das Recht, über den Nachlass zu verfügen. Beispielsweise kann damit damit Geld vom Konto des Verstorbenen abgehoben werden.

 

Bei einem privaten Nachlass haben die Erben das gemeinsame Recht, über den Nachlass zu verfügen, nachdem eine Nachlassbescheinigung ausgestellt wurde. Zur Vereinfachung kann eine Nachlassvollmacht erteilt werden.

 

Soweit alle Erben volljährig sind und Einigkeit über die Verteilung des Erbes besteht, können die Erben danach frei über ihren Nachlass verfügen. Andernfalls bestellt das Nachlassgericht einen Nachlassverwalter, der die Verteilung regelt.

 

Wollen die Erben die Nachlassauseinandersetzung selbst übernehmen, müssen Aktiva und Passiva in einer Übersicht zusammengefasst und innerhalb von 6 Monaten beim Nachlassgericht und der Steuerbehörde eingereicht werden. Sind ausländische Erben beteiligt, müssen von diesen für alle Erbschaftssteuern Sicherheit geleistet werden, damit die Nachlassauseinandersetzung selbst durchgeführt werden darf.

 

Die Erben übernehmen nicht die unbegrenzten Verpflichtungen des Verstorbenen, auch nicht bei einer von den Erben durchgeführten Nachlassauseinandersetzung.

 

Der Nachlass ist in Dänemark eine juristische Person. Anders als in Deutschland entsteht also nicht automatisch eine Erbengemeinschaft.

 

Testament und Erbvertrag

 Auch im dänischen Erbrecht spielt das Testament eine zentrale Rolle. Testierfähig ist  jeder, der das 18. Lebensjahr vollendet oder die Ehe geschlossen hat. Auch nach dänischem Recht sind gemeinschaftliche Testamente überwiegend zulässig, wobei auch Geschwister oder unverheiratete Partner ein solches errichten können, so dass die Möglichkeit nicht nur auf Ehegatten beschränkt ist.

 

Besonderheiten gelten jedoch beim Erbvertrag. Beispielsweise ist die Übertragung einer erwarteten Erbschaft nicht zulässig. Ein Vertrag über den Verzicht oder zur Sicherung einer Erbschaft ist jedoch wirksam.

 

Die Errichtung des Testaments ist als ordentliches Testament möglich, entweder als notarielles Testament oder als Zeugentestament. Meistens wird das ordentliche Testament schriftlich durch den Erblasser vor einem Notar errichtet und unterschrieben. Durch Erklärung auf der Testamentsurkunde bestätigt der Notar dabei die Identität des Verfassers sowie seine Testierfähigkeit. Diese Anerkenntnis kann beim Zeugentestament auch durch zwei Zeugen erfolgen. Diese müssen volljährig sein und dürfen durch das Testament nicht begünstigt werden. Notar oder Zeugen müssen bestätigen, dass der Testator imstande war, entsprechend seinem Willen ein Testament zu errichten. Des Weiteren müssen die Zeugen gewisse Formalitäten bestätigen.
 

Das sogenannte „Nottestament“ wird außerordentlich errichtet. Damit ein Testament als Nottestament errichtet werden kann, muss der Erblasser durch einen Notfall daran gehindert sein, ein ordentliches Testament zu errichten. Ein Nottestament wird ungültig, sofern innerhalb von drei Monaten die Möglichkeit besteht, ein ordentliches Testament zu errichten.

Auch nicht miteinander verheiratete Personen können ein gemeinschaftliches Testament errichten. Dieses ist bindend, wenn die Unwiderruflichkeit von den Beteiligten ausdrücklich vereinbart worden ist. Demnach können u.U. nichteheliche Lebenspartner einem Ehegatten gleichgestellt werden, so dass diese wie Ehegatten behandelt werden.

 

Wie im deutschen Erbrecht sind auch Vor- und Nacherbschaft, Vermächtnis und Auflagen sowie Auseinandersetzungen zulässig.

 

Pflichtteil

Pflichtteilsberechtigt sind nach dem dänischen Erbrecht der Ehegatte und die Abkömmlinge, nicht hingegen die Eltern. Der Pflichtteil beträgt ein Viertel des gesetzlichen Erbteils.

 

Eine Besonderheit ist, dass der Pflichtteil von Abkömmlingen bis zu deren 25. Lebensjahr durch eine testamentarische Verfügung „eingefroren“ werden kann, sodass der Erbe von Verfügungen über das Vermögens vor seinem 25. Lebensjahr ausgeschlossen ist. Der Pflichtteilsberechtigte kann jedoch Klage dagegen erheben, wenn er nachweist, dass er in der Lage ist, vernünftig mit dem Nachlass umzugehen. Überdies kann der Erblasser den Pflichtteil für jeden seiner Abkömmlinge auf jeweils 1 Mio. DKK (ca. 135.000 Euro) beschränken.

 

Erbschaftssteuer

Grundsätzlich muss jeder, der in Dänemark wohnhaft ist, auch in Dänemark Erbschaftssteuern zahlen, auch auf Vermögen im Ausland.

Zu beachten ist, dass der Ehegatte von der Erbschaftssteuer freigestellt ist.

 

Der Steuersatz beträgt 15% für Abkömmlinge, Eltern und andere Verwandte, sowie 25% für nichtverwandte Nachlassnehmer. Für Abkömmlinge, Eltern und Verwandte gilt ein Freibetrag in Höhe von 308.800 DKK bzw. 41.500 EUR (Stand 2021). Der Steuersatz von 15% wird für diese Personen also erst auf dem Anteil des Erbes angewandt, der den Freibetrag überschreitet.

 

Zusätzlich zur Erbschaftssteuer kann der in Dänemark juristisch eigenständige Nachlass der Einkommensteuer unterliegen. Das hierfür gesondert geltende Nachlasssteuergesetz sieht ab einem bestimmten Wert eine eigene Versteuerung der Einkünfte des Nachlasses mit bis zu 50 % vor.

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